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Sonntag, 13. Dezember 2015

Rezension Tanja Kinkel

"Schlaf der Vernunft" von Tanja Kinkel


Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
Verlag: Droemer HC (2. November 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 342619967X
ISBN-13: 978-3426199671


Inhaltsangabe:

Nach 20 Jahren Gefängnis wird Martina Müller zeitgleich mit der RAF-Auflösung begnadigt. Ihre Tochter Angelika, die ihre Entschlossenheit nie verstanden hat, soll ihrer Mutter nach der langen Haftzeit beistehen, obwohl jedwede Verbindung abgebrochen war. Martina, mit 48 noch jung, muss erkennen, dass nichts erreicht wurde, jeder Mord umsonst gewesen war. Um herauszufinden, ob sich ihre Mutter geändert hat, Reue in sich entdeckt, und Teil ihrer Familie werden kann, muss Angelika Martinas Spuren folgen. Von der Sympathisantin, über die Illegalität und dem Gängelband der Stasi, bis hin zum großen Attentat. Aber nicht nur sie. Durch die Begnadigungen gibt es zwar Ex-Terroristen, aber Ex-Opfer gibt es nicht, denn deren Leid verjährt nie. So taucht der Sohn eines RAF-Opfers auf, der wissen will, wer damals geschossen hat. Ehefrauen, Mütter und der einzig überlebende Leibwächter: Alle haben auch nach Jahrzehnten offene Fragen.

Autoreninfo:

Mit dem Schreiben fing Tanja Kinkel mit 13 Jahren an. Heute ist sie eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen. Obwohl sie neben historischen Romanen, die von der Gründung Roms bis zum 2. Weltkrieg spielen, auch Thriller, Jugendbücher, Fantasy, ja Gegenwartsliteratur und Essays geschrieben hat, tauchen fast alle ihre Bücher auf den großen Bestsellerlisten auf.

Meine Meinung:

Titel: Mehr als nur ein Buch über die RAF...

Ich war lange unentschlossen, ob ich dieses Buch lesen soll oder nicht. Ich liebe die Bücher von Tanja Kinkel, die mich bisher noch nie enttäuscht haben, andererseits wusste ich vor Lektürestart nichts über die RAF und ob mich das Thema überhaupt interessieren würde. Letztendlich begann ich dann doch mit der Lektüre, einfach weil Tanja zu meinen Lieblingsautorinnen zählt und ich bin froh, dass ich dieses Experiment gewagt habe.

In der Geschichte geht es um Martina Müller, die nach 20 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird. Ihre Haftstrafe hat sie als RAF- Terroristin bekommen. Tochter Angelika hatte lange keinen Kontakt zu ihrer Mutter, aber kann sie sie jetzt wirklich hängen lassen? Vielleicht hat sie sich verändert und kann ein Mitglied von Angelikas Familie werden...

Die Handlung wird uns über zwei Handlungsstränge näher gebracht. Der eine Strang beleuchtet die fernere Vergangenheit von 1967 bis 1977. Der zweite Erzählstrang spielt 1998, der näheren Vergangenheit.

Tanja Kinkel gelingt es sehr gut zu erläutern wie Martina überhaupt zu einer Kriminellen und Terroristin werden konnte, denn genau das interessiert einen als Leser. Die Autorin schafft es einfach die dargestellte Zeit authentisch widerzugeben und das auf immens spannende Weise.

Zudem kommt sehr gut rüber wie sich Mutter und Tochter langsam aber sicher wieder annähern. Beide bringen Verständnis für die jeweils andere auf und versuchen das Band, was sie einst verbunden hat, wieder zu vereinen. Mich hat sehr gerührt wie viel Sorgen sich Angelika anfänglich um ihre Mutter macht. Letztendlich ist Blut doch dicker als Wasser, egal was einen einst getrennt hat.

Je mehr ich las, desto mehr wuchs mein Interesse. Immer wieder musste ich die Lektüre unterbrechen, um zu recherchieren, Dokumentationen zu sichten und Artikel aus der Zeit zu lesen und siehe da meine Recherchen deckten sich eins zu eins mit dem, was uns die Autorin schildert, was für ihre gelungene Recherchearbeit spricht. Sie lässt Geschichte lebendig und greifbar werden.

Mit diesem Buch ist es Frau Kinkel gelungen mir eine unbekannte Zeit deutscher Geschichte näher zu bringen, die es bisher nicht in mein Bewusstsein geschafft hatte. Gerade in der aktuellen Zeit, wo Terrorismus omnipräsent ist, zeigt dieses Buch sehr gut wie eine völlig normale, bürgerliche Mutter radikal werden kann. Unter bestimmten Bedingungen kann es jeden von uns treffen.

Für mich eines der besten Bücher des Jahres 2015, die ich gelesen habe. Selten hat mich ein Buch so sehr beschäftigt wie dieses. Immer wieder musste ich Freunden und Bekannten davon berichten und meine Erkenntnisse teilen.

Fazit: Ein unheimlich toller historischer Roman, der seinesgleichen sucht. Ich kann nur eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen. Genial! Must Read 2015...


Bewertung: 5/ 5 Sternen