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Samstag, 13. Juni 2020

Rezension Adeline Dieudonné

"Das wirkliche Leben" von Adeline Dieudonné


Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (24. April 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3423282134
ISBN-13: 978-3423282130
Originaltitel: La Vraie Vie


Inhaltsangabe:

Eine Reihenhaussiedlung am Waldrand, wie es viele gibt. Im hellsten der Häuser wohnt ein zehnjähriges Mädchen mit seiner Familie. Alles normal. Wären da nicht die Leidenschaften des Vaters, der neben TV und Whisky vor allem den Rausch der Jagd liebt. In diesem Sommer erhellt nur das Lachen ihres kleinen Bruders Gilles das Leben des Mädchens. Bis eines Abends vor ihren Augen eine Tragödie passiert. Nichts ist mehr wie zuvor. Mit der Energie und der Intelligenz einer mutigen Kämpferin setzt das Mädchen alles daran, sich und ihren Bruder vor dem väterlichen Einfluss zu retten. Von Sommer zu Sommer spürt sie immer deutlicher, dass sie selbst die Zukunft in sich trägt, wird immer selbstbewusster – ihr Körper aber auch immer weiblicher, sodass sie zusehends ins Visier ihres Vaters gerät.

Autoreninfo:

Adeline Dieudonné, 1982 in Brüssel geboren, wo sie mit ihren beiden Töchtern auch heute wieder lebt, ist von Beruf Schauspielerin. Nach mehreren preisgekrönten Erzählungen und einem erfolgreichen One-Woman-Theaterstück hat "Das wirkliche Leben" die Herzen der französischsprachigen Leser im Sturm erobert: Das grandiose Romandebüt stand monatelang auf der französischen Bestsellerliste, wurde mit 14 (!) Literaturpreisen ausgezeichnet und wird in 20 Sprachen übersetzt.

Meine Meinung:

Titel: Blicke in den Abgrund!

Das ungewöhnliche Cover hat mich auf das Buch aufmerksam werden lassen. Da ich Erzählungen über starke weibliche Figuren sehr mag, begann ich neugierig mit der Lektüre.

In der Geschichte geht es um ein namenloses Mädchen, die als Ich- Erzählerin fungiert und aus dem Leben mit ihrem gewalttätigen Vater berichtet. Bei einem schrecklichen Ereignis werden sowohl ihr kleiner Bruder Gilles als auch sie traumatisiert. Mit allen Mitteln versucht sie dennoch in die Zukunft zu blicken. Wird ihr dies gelingen und kann sie aus diesem teuflischen Familienkreis ausbrechen?

Das namenlose Mädchen hat mich bereits auf den ersten Seiten für sich einnehmen können. Sie kümmert sich aufopferungsvoll um ihren Bruder, ist pfiffig und erkennt Zusammenhänge bald besser als ein Erwachsener. Sie ist zwar hochbegabt, hat dies aber zu keiner Zeit als besonderes Merkmal herausstechen lassen. Mich hat vor allem ihre Tapferkeit beeindruckt. Ich konnte mich sehr gut in sie einfühlen und es hat mir weh getan was sie aushalten muss in ihrer Familie.

Gilles war mir hingegen sehr unheimlich. Ich verstehe, dass er durch das Ereignis einen seelischen Schaden davon getragen hat und die häusliche Gewalt sein übriges dazu beiträgt, aber deswegen muss man noch lange nicht so werden wie er, schon gar nicht als Kind. An seinem Beispiel sieht man leider sehr gut, dass Umgang den Menschen formt.

Eigentlich hätte auf dem Cover Thriller anstatt Roman stehen müssen, denn beim Lesen hat es mich ungemein gegruselt und es hat mir teils seelische Schmerzen verursacht die Taten vom Vater und auch Gilles lesen zu müssen.

Ansonsten ist das Geschriebene so eindringlich, dass einen das Buch regelrecht einsaugt und man nicht mehr aufhören kann.

Ich hatte ja wirklich das Gefühl, dass es ganz böse ausgehen wird, aber das zum Schluss dann doch noch ein Silberstreif am Himmel ist, das hat mich beruhigt, denn sonst wäre mir das in Summe zu düster gewesen.

Das Ende war überraschend, ging mir persönlich aber etwas zu glatt. Ich kann mir schlichtweg nicht vorstellen dass Ermittlungen so schnell eingestellt werden als wäre nichts gewesen.

Fazit: Ein Roman mit Gänsehautpotential, den ich gern empfehle. Gelungen!

Bewertung: 4/ 5 Sternen