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Donnerstag, 27. August 2020

Rezension Kent Haruf

"Kostbare Tage" von Kent Haruf


Gebundene Ausgabe : 352 Seiten
ISBN-10 : 3257071256
ISBN-13 : 978-3257071252
Größe und/oder Gewicht : 12.4 x 2.7 x 18.8 cm
Herausgeber : Diogenes; 2. Auflage (27. Mai 2020)


Inhaltsangabe:

Es ist der letzte Sommer für Dad Lewis am Rand der Kleinstadt Holt – die er nie verließ, im Gegensatz zu seinem Sohn Frank, zu dem es keinerlei Kontakt mehr gibt, oder Tochter Lorraine, die nun zur Unterstützung zurückkehrt. Aber es kommen auch neue Gesichter und mit ihnen Geschichten: Die kleine Alice zieht im Nachbarhaus bei ihrer Großmutter ein, und der neue Reverend Lyle hat nicht nur mit den eigenwilligen Anwohnern, sondern auch mit der eigenen Familie zu kämpfen.

Autoreninfo:

Kent Haruf, geboren 1943 in Colorado, war ein amerikanischer Schriftsteller. Alle seine sechs Romane spielen in der fiktiven Kleinstadt Holt im US-Bundesstaat Colorado. Er wurde unter anderem mit dem Whiting Foundation Writers’ Award, dem Wallace Stegner Award und dem Mountains & Plains Booksellers Award ausgezeichnet. Sein letzter Roman, "Unsere Seelen bei Nacht", wurde zum Bestseller und mit Jane Fonda und Robert Redford in den Hauptrollen verfilmt. Haruf starb 2014. 

Meine Meinung:

Titel: Sein letzter Sommer...

Nachdem der Autor den interessierten Leser bereits mit "Unsere Seelen bei Nacht", "Lied der Weite" und "Abendrot" nach Holt entführt hat, geht es auch in diesem Roman an den gleichen zauberhaften Ort mit seinen besonderen Bewohnern. Dieser Teil kann von jedem gelesen werden, egal ob die Vorgänger bekannt sind oder nicht, aber einen Haruf kann man sich eigentlich immer gönnen.

In der Geschichte geht es um Dad Lewis, dessen Leben langsam aber sicher ein Ende nimmt. Der Sommer wird sein letzter sein. Wie fühlen sich die letzten Lebenstage mit Krankheit an? Hat man alles richtig gemacht im Leben? Tut der Tod weh?

Das Besondere bei Haruf ist gewiss die sehr gefühlvolle Erzählweise, die mich als Leser völlig in seinen Bann gezogen hat. Schon allein aufgrund des Schreibstils war ich emotional ergriffen und mitgenommen.

Die Kleinstadt, in der sich jeder kennt, erinnerte mich stark an mein eigenes Umfeld und so kamen bei mir direkt Heimatgefühle auf. Man fühlt sich wohl beim Lesen und mag die dargestellten Figuren sehr.

Dad Lewis hat einiges hinter sich im Leben. Die Päckchen, die er zu tragen hat, haben mich doch sehr erstaunt. Besonders berührt hat mich das Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Egal wie viele Steine das Leben einem in den Weg legt, eine Familie sollte immer zusammenhalten. Mir hat gefallen, dass er vor seinem Ableben noch einiges klären will, sich aber wie im echten Leben nicht immer alles klären lässt und auch Wunden zurückbleiben.

Die Sprünge zu anderen Figuren oder in andere Zeiten waren stets nachvollziehbar und schlüssig. Nie bin ich in der Handlung ins Schwimmen gekommen oder habe etwas nicht verstanden, eher fühlte es sich so an als wäre ich ein Teil der Geschichte.

Der Roman hat sich für mich kurzweilig lesen lassen, aber mich emotional ganz schön aufgewühlt. Die Grundstimmung hatte für mich stets einen Hauch von Düsternis, was bei einem bevorstehenden Tod aber wahrscheinlich normal ist.

Fazit: Der Ausflug nach Holt hat sich auf jeden Fall gelohnt, da mache ich gern wieder einen Abstecher hin. Klare Leseempfehlung von meiner Seite.

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Samstag, 22. August 2020

Rezension Robert Seethaler

"Der letzte Satz" von Robert Seethaler


Gebundene Ausgabe: 128 Seiten
Verlag: Hanser Berlin; Auflage: 2 (3. August 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3446267883
ISBN-13: 978-3446267886


Inhaltsangabe:

An Deck eines Schiffes auf dem Weg von New York nach Europa sitzt Gustav Mahler. Er ist berühmt, der größte Musiker der Welt, doch sein Körper schmerzt, hat immer schon geschmerzt. Während ihn der Schiffsjunge sanft, aber resolut umsorgt, denkt er zurück an die letzten Jahre, die Sommer in den Bergen, den Tod seiner Tochter Maria, die er manchmal noch zu sehen meint. An Anna, die andere Tochter, die gerade unten beim Frühstück sitzt, und an Alma, die Liebe seines Lebens, die ihn verrückt macht und die er längst verloren hat. Es ist seine letzte Reise. 

Autoreninfo:

Robert Seethaler, 1966 in Wien geboren, wurde 2007 für seinen Roman "Die Biene und der Kurt" mit dem Debütpreis des Buddenbrookhauses ausgezeichnet. Er erhielt zahlreiche Stipendien, darunter das Alfred-Döblin Stipendium der Akademie der Künste. Der Film nach seinem Drehbuch "Die zweite Frau" wurde mehrfach ausgezeichnet und lief auf verschiedenen internationalen Filmfestivals. 2008 erschien sein zweiter Roman "Die weiteren Aussichten". "Jetzt wirds ernst" wurde 2010 veröffentlicht, darauf folgte 2012 der Bestseller "Der Trafikant". Robert Seethaler lebt und schreibt in Wien und Berlin. 

Meine Meinung:

Titel: Ein scheidender Künstler... 

Aufgrund der Buchpreisnominierung und da mir "Der Trafikant" schon so gut gefallen hatte, wollte ich mir den neuen Seethaler nicht entgehen lassen. Ich begab mich auf die Spuren von Gustav Mahler.

In der Geschichte geht es um den berühmten Musiker und Dirigenten Mahler, der schwer krank mehr oder weniger auf seinen Tod wartet. Was für Gedanken gehen da einem durch den Kopf? Wie weit plant man sein Leben noch oder gibt man gänzlich auf?

Robert Seethaler hat mit diesem Buch mal wieder ein Meisterwerk geschaffen, denn sprachlich ist es einfach eine Wucht. Beim Lesen musste ich immer wieder innehalten und tolle Sätze herausschreiben.

Man bekommt durch den Roman ein Gefühl für Menschen, die ihrem Lebensende nah sind und zeitgleich einen kleinen Einblick in das Leben des Künstlers. Ausführliche, biografische Informationen sollte der interessierte Leser nicht erwarten, denn das Meiste spiegelt sich in Gedanken und Gefühlen wider.

Auch wenn das Buch nur 126 Seiten hat, so ist es doch so viel mehr, da Emotionen aus einem herausgelockt werden beim Lesen. Man konnte den Schmerz des Künsterls in jeder Zeile spüren.

Fazit: Eine tolle Geschichte, die zu Recht für den Buchpreis 2020 nominiert worden ist. Ihr solltet euch dieses Kleinod nicht entgehen lassen. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Spitzenklasse!

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Freitag, 21. August 2020

Rezension Claire Winter

"Kinder ihrer Zeit" von Claire Winter


Gebundene Ausgabe: 576 Seiten
Verlag: Diana Verlag (27. Juli 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3453291956
ISBN-13: 978-3453291959


Inhaltsangabe:

Die Zwillinge Emma und Alice werden 1945 auf der Flucht aus Ostpreußen getrennt. Beide glauben, die andere hätte nicht überlebt. Emma wächst in Westberlin auf, Alice in einem Heim in der DDR. Erst zwölf Jahre später finden sie sich überraschend wieder. Durch Alice lernt Emma den Ost-Berliner Physiker Julius Laakmann kennen. Als Julius Zeuge einer Entführung wird, gerät er zwischen die Fronten der Geheimdienste. Dann verschwindet Alice spurlos. Zu spät erkennt Emma, welcher drohenden Gefahr sie und ihre Schwester gegenüberstehen. Währenddessen erreicht der Kalte Krieg einen neuen Höhepunkt – Berlin soll für immer geteilt werden...

Autoreninfo:

Claire Winter studierte Literaturwissenschaften und arbeitete einige Jahre als Journalistin, bevor sie entschied, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie liebt es, in fremde Welten einzutauchen, verliert dabei aber nie die gründliche Recherche aus den Augen. Gerade die deutsche Nachkriegsgeschichte interessiert sie sehr. Die Autorin macht daraus einen spannenden und gleichzeitig sachkundigen Romanstoff mit mutigen und interessanten Charakteren.

Meine Meinung:

Titel: Geschwisterliebe auf die Probe gestellt...

Nachdem mich Frau Winter mit "Die geliehene Schuld" so unfassbar gut unterhalten hat, wollte ich natürlich auch ihr neustes Werk lesen. Gespannt begann ich mit der Lektüre.

In der Geschichte geht es um das Zwillingspaar Alice und Emma, die kurz vor Ende des Krieges getrennt werden. Während die eine im Heim in der DDR aufwächst, lebt die andere mit der Mutter in West- Berlin. Durch einen Zufall finden sich die beiden Schwestern wieder, doch bedeutet dies die lang ersehnte Familienzusammenführung? In den Jahren hat sich viel getan und vor allem wem kann man überhaupt noch trauen? Der eigenen Schwester?

Ich wollte dieses Buch unbedingt lesen, weil es in einer Zeit spielt, in der meine Eltern Kinder waren. Der Autorin gelingt es hier ungemein gut die Zeit des "Kalten Krieges" mit Polizeigewalt, Bespitzelungen und Co dem Leser nahe zu bringen, denn es fühlt sich für einen selbst an als würde man verraten werden.

Ich fand gut, dass durch die Schwestern beide politischen Systeme beleuchtet werden und dass es bei beiden gute und schlechte Seiten gab. Man wird ohne erhobenen Zeigefinger informiert. Ich mochte es sehr dabei zuzusehen wie unterschiedlich und dennoch gut sich beide Schwestern entwickeln und trotz allem ihren Weg gehen. Man kann ihr Handeln immer nachvollziehen und fühlt mit ihnen mit.

Mein Lieblingscharakter war jedoch der beste Freund von Emma. Max setzt sich so sehr für Gerechtigkeit ein, hat immer ein offenes Ohr und kümmert sich. Das hat mir sehr imponiert, dass er sich auch gerne mal selbst in Gefahr bringt, um anderen zu helfen.

Julius, der Physiker, hat bei mir zwiegespaltene Gefühle hervorgerufen, da er mich mit seinem Tun an jemanden aus meiner Vergangenheit erinnert hat. Meine persönliche Erfahrung ist eher negativ belegt, weshalb ich an manchen Stellen im Buch richtig sauer auf diese Figur war. Aber es ist ja gut, wenn Protagonisten Gefühle in einem auslösen, es müssen ja nicht immer nur Glücksgefühle beim Lesen entstehen.

Die letzten fünfzig Seiten haben sich dann wie ein spannender Krimi gelesen und man konnte einfach nicht mehr aufhören.

Das Ende ist offen gehalten, so dass man die Zukunft der Charaktere noch gedanklich weiter spinnen kann, sofern man möchte.

Durch diesen Roman wurde ich nicht nur gut unterhalten, sondern ich habe auch einiges dazugelernt, was ich über die Zeit oder auch damalige Gesetzlichkeiten nicht wusste. Das liebe ich an den Büchern von Claire Winter so sehr, dass man für sich persönlich immer etwas mitnehmen kann.

Fazit: Ein unglaublich fesselnder Roman über das gespaltene Berlin mit tiefen Einblicken in politische Machenschaften. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Lasst euch dieses Buch nicht entgehen.

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Dienstag, 11. August 2020

Rezension Anne Stern

"Fräulein Gold: Schatten und Licht" ( Die Hebamme von Berlin Band 1) von Anne Stern


Broschiert: 400 Seiten
Verlag: Rowohlt Taschenbuch; Auflage: 2. (16. Juni 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3499004275
ISBN-13: 978-3499004278


Inhaltsangabe:

1922: Hulda Gold ist gewitzt und unerschrocken und im Viertel äußerst beliebt. Durch ihre Hausbesuche begegnet die Hebamme den unterschiedlichsten Menschen, wobei ihr das Schicksal der Frauen besonders am Herzen liegt. Der Große Krieg hat tiefe Wunden hinterlassen, und die junge Republik ist zwar von Aufbruchsstimmung, aber auch von bitterer Armut geprägt. Hulda neigt durch ihre engagierte Art dazu, sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Zumal sie bei ihrer Arbeit nicht nur neuem Leben begegnet, sondern auch dem Tod. Im berüchtigten Bülowbogen, einem der vielen Elendsviertel der Stadt, kümmert sich Hulda um eine Schwangere. Die junge Frau ist erschüttert, weil man ihre Nachbarin tot im Landwehrkanal gefunden hat. Ein tragischer Unfall. Aber wieso interessiert sich der undurchsichtige Kriminalkommissar Karl North für den Fall? Hulda stellt Nachforschungen an und gerät dabei immer tiefer in die Abgründe einer Stadt, in der Schatten und Licht dicht beieinanderliegen.

Autoreninfo:

Anne Stern wurde in Berlin geboren, wo sie auch heute mit ihrer Familie lebt. Nach dem Studium der Geschichte und Germanistik promovierte sie in deutscher Literaturwissenschaft und arbeitete als Lehrerin und in der Lehrerbildung. Sie hat als Selfpublisherin bereits erfolgreich historische Saga-Stoffe veröffentlicht.

Meine Meinung:

Titel: Einblicke in das Berlin der 20er...

Der Klappentext hatte mich so sehr angesprochen, dass ich dieses Buch unbedingt lesen wollte und ich habe es nicht bereut.

In der Geschichte geht es um die Hebamme Hulda Gold, die im Armenviertel der Hauptstadt ihre Dienste anbietet. In diesem Beruf sind Freud und Leid nah beieinander. Als dann eine Frau spurlos verschwindet, lässt sie das nicht kalt und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Wird sie sich damit nicht in Schwierigkeiten bringen?

Das Buch ist in zwei Abschnitte unterteilt, denn mal begleiten wir Hulda bei ihrem Tun im Sommer 1922 und mal lesen wir Notizbucheinträge von Rita Schönbrunn über die Jahre davor.

Mir gefällt bei dem Roman der Mix aus Krimi und historischem Roman.

Hulda ist eine Figur, die ich direkt mochte, da sie zwar so ihre Makel hat, damit aber hervorragend umgehen kann und zudem einfach nur herzensgut ist. Ich mochte ihren Mut und ihre Durchsetzungskraft.

Bei Kriminalkommissar Karl North fand ich die Entwicklung der Figur richtig gelungen, denn zu Beginn mochte ich ihn so gar nicht und mit der Zeit stellt sich dann heraus, dass es Gründe für sein etwas merkwürdiges Verhalten gibt.

Der Kriminalfall war immer im Fokus der Handlung und wirklich bis zur letzten Seite spannend. Da denkt man schon alles zu wissen und dann kommt noch ein Knaller.

Richtig gut war außerdem, dass die Autorin ein sehr authentisches Bild vom Berlin der 20er zeichnet. Die Gefühlskälte der Menschen spürte man beim Lesen beinahe am eigenen Leib.

Fazit: Gelungener erster Band, der mich sehr gut unterhalten hat. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus und die weiteren Bände werde ich in jedem Fall auch lesen. Klasse!

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Samstag, 8. August 2020

Rezension Bernhard Schlink

"Abschiedsfarben" von Bernhard Schlink


Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (22. Juli 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 325707137X
ISBN-13: 978-3257071375


Inhaltsangabe:

Über das Gelingen und Scheitern der Liebe, über Vertrauen und Verrat, über bedrohliche und bewältigte Erinnerungen und darüber, wie im falschen Leben oft das richtige liegt und im richtigen das falsche. Geschichten von Menschen in verschiedenen Lebensphasen und ihren Hoffnungen und Verstrickungen. "Liebe und mache, was du willst" ist kein Rezept für ein gutes Ende, aber eine Antwort, wenn andere Antworten versagen.

Autoreninfo:

Ein Mann geht seinen Weg, tut der Pflicht als Jurist, Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin Genüge, ebenso als Verfassungsrichter in Münster. Doch etwas lässt Bernhard Schlink nicht ruhen, den kurz vor Kriegsende 1944 in Bielefeld geborenen Streiter für das Recht: Es ist die Frage nach Gerechtigkeit – in der deutschen Geschichte, um Holocaust und RAF-Bewegung, in Einzelschicksalen. Seine Spurensuche führt ihn über ausgezeichnete Kriminalromane wie die Trilogie um Privatdetektiv Gerhard Selb (1987–2001) zu den Meriten eines weltbekannten Schriftstellers: „Der Vorleser“ (1995) packte Menschen in aller Welt; der Roman wurde in mehr als 45 Sprachen übersetzt und in der Daldry-Verfilmung „The Reader“ 2009 mit dem „Oscar“ und dem „Golden Globe“ ausgezeichnet. 

Meine Meinung:

Titel: Wenn die Erinnerungen dich packen... 

Nachdem mir der Roman "Olga" so unglaublich gut gefallen hatte, war meine Neugier auf diesen Erzählband sehr groß. Gespannt begann ich mit der Lektüre.

Der Erzählband besteht aus neun Geschichten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, denn mal geht es um die Liebe, mal um Verrat und mal um das Abschiednehmen. Die handelnden Figuren sind dabei in den unterschiedlichsten Lebensabschnitten und - situationen.

Auch wenn man denkt, dass 230 Seiten schnell gelesen sind, so täuscht man sich doch arg, denn jede Erzählung ist so eindringlich, so anders und gleichzeitig besonders, dass man die Texte nicht einfach hintereinander weglesen kann. Manche berühren einen mehr, andere etwas weniger und dennoch lassen sie einen nachdenken über selbst Erlebtes.

Meist geht es einem als Leser so, dass man in einem Erzählband so seine ein bis zwei Lieblingsgeschichten hat. Hier fällt es mir schwer diese zu benennen, da mir alle richtig gut gefallen haben. Besonders hervorheben möchte ich jedoch "Das Amulett" und "Geliebte Tochter", die für Ahhs und Ohhs während der Lektüre gesorgt haben. Wenn ich beim Lesen Laute von mir gebe wie diese, dann bin ich meist besonders ergriffen.

Die dargestellten Protagonisten sind Menschen mitten aus der Gesellschaft gegriffen und ich denke jeder Leser wird eine Figur finden, mit der er sich identifizieren kann.

Fazit: Für mich ein Erzählband der besonderen Art, der mich emotional gefordert hat und der mir sicher noch eine ganze Weile in Erinnerung bleiben wird. Von mir eine klare Leseempfehlung. Klasse!

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Sonntag, 2. August 2020

Rezension Marco Balzano

"Ich bleibe hier" von Marco Balzano


Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (24. Juni 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3257071213
ISBN-13: 978-3257071214


Inhaltsangabe:

Ein idyllisches Bergdorf in Südtirol – doch die Zeiten sind hart. Von 1939 bis 1943 werden die Leute vor die Wahl gestellt: entweder nach Deutschland auszuwandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Trina entscheidet sich für ihr Dorf, ihr Zuhause. Als die Faschisten ihr verbieten, als Lehrerin tätig zu sein, unterrichtet sie heimlich in Kellern und Scheunen. Und als ein Energiekonzern für einen Stausee Felder und Häuser überfluten will, leistet sie Widerstand – mit Leib und Seele.

Autoreninfo:

Marco Balzano, geboren 1978 in Mailand, ist zurzeit einer der erfolgreichsten italienischen Autoren. Er schreibt, seit er denken kann: Gedichte und Essays, Erzählungen und Romane. Neben dem Schreiben arbeitet er als Lehrer für Literatur an einem Mailänder Gymnasium. Mit seinem letzten Roman, ›Das Leben wartet nicht‹, gewann er den Premio Campiello, mit ›Ich bleibe hier‹ war er nominiert für den Premio Strega. Er lebt mit seiner Familie in Mailand. 

Meine Meinung:

Titel: Düstere Zeitgeschichte...

Das Buch wurde mir empfohlen und da meine Eltern in dieser Region sehr gern in den Urlaub fahren, war ich doch sehr gespannt.

In der Geschichte geht es um Trina und Erich, die im beschaulichen Graun ein einfaches Leben führen. Im idyllischen Bergdorf haben sie alles was sie brauchen, doch dann kommt der Krieg und verändert alles. Wird ihnen ihr beschauliches Leben bleiben?

Gut gefallen hat mir die Wahl der Erzählperspektive, denn Trina fungiert als Erzählerin und schildert ihrer Tochter was sie alles erlebt hat. So bekam man tiefe Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonistin.

Der Roman beruht auf wahren Begebenheiten, denn das Dorf Graun hat es wirklich einmal gegeben. Ich mag so etwas sehr gern. Ich habe sehr viel dazu gelernt, denn mir war nicht bewusst, dass Deutsche jemals unter Faschisten zu leiden hatten.

Die Geschichte zeigt sehr deutlich auf, wie hart die Arbeit eines einfachen Bauern war und was die Belange von Konzernen alles zerstören können. 

Der nüchterne Schreibstil Balzanos passt perfekt zu dieser eher düsteren Geschichte. Der Roman hat sich angenehm lesen lassen und berührt enorm. Ich muss allerdings gestehen, dass er mich doch sehr emotional heruntergezogen hat, da einfach so viel Trauriges passiert und kaum Hoffnung verbreitet wird.

Fazit: Die Beschreibung einer heutigen Urlaubsregion mal unter einem ganz anderen Blickwinkel weiß zu unterhalten und zu berühren. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus.Prädikat gut.

Bewertung: 4/ 5 Sternen