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Montag, 27. April 2020

[Serienkritik:] Unorthodox (Miniserie Netflix)

"Unorthodox"


Originaltitel: Unorthodox
Produktionsland: Deutschland
Sprache: Jiddisch, Englisch, Deutsch
Jahr: 2020
Episoden: 4
Genre: Drama:
Regie: Maria Schrader
Idee: Deborah Feldmann
Erstveröffentlichung: 26. März 2020


Inhaltsangabe:

Die 19-jährige Esther „Esty“ Shapiro (geborene Schwartz) lebt im New Yorker Stadtteil Williamsburg in Brooklyn. Sie gehört der ultra-orthodoxen Religionsgemeinschaft der Satmarer Chassiden an und wächst bei ihrer Großmutter, einer Holocaust-Überlebenden aus Ungarn, auf. Esty geht auf Wunsch der Gemeinschaft eine arrangierte Ehe mit Yakov „Yanky“ Shapiro ein. Leider verläuft diese Ehe nicht glücklich, so dass Esty zu ihrer Muttter nach Berlin flieht, die die Gemeinschaft bereits verlassen hat.

Meine Meinung:

Titel: Einblicke in ultra- orthodoxe Lebensweisen...

Mir wurde die Serie empfohlen, nachdem ich "Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse" gelesen und auch als Film geschaut hatte.

In der Geschichte selbst geht es um Esty, die aus ihrer arrangierten Ehe ausbrechen möchte, weil diese nicht glücklich verläuft. Wird ihr die Flucht gelingen? Und kann ein Leben außerhalb der Gemeinschaft glücklicher sein als das bisherige?

Außer lückenhaften Schulwissen zu den ganz großen Religionen habe ich keinerlei Wissen zu Religionen im Besonderen als auch zu den extremen Strömungen. Aus diesem Grund war die Serie für mich eine kleine Offenbarung.

Für meinen Geschmack zeigt die Serie sehr anschaulich Bräuche und Vorschriften der Religion, so dass bei mir die Neugier nach weiteren Informationen geweckt wurde und ich mich mehr mit der Thematik befasst habe, indem ich nach der Serie Dokus zum Thema geguckt habe. Einen kleinen Bildungsauftrag hat die Miniserie somit erfüllt.

Klasse fand ich vor allem, dass die Darsteller israelische Schauspieler und für den deutschen Betrachter somit komplettes Neuland sind.  Das macht das Ganze zum einen sehr authentisch und zum anderen stellt man keine Vergleiche zu anderen Rollen her.

Das Besondere hier ist wohl, dass viel Jiddisch gesprochen wird. Zu Beginn fand ich dies noch etwas anstrengend, aber hat sich das Ohr erst einmal daran gewöhnt, hört man einen Mix aus Plattdeutsch und Englisch und versteht den Großteil auch ohne Mitlesen der Untertitel.

Mir hat gut gefallen, dass die Gemeinschaft nicht von Anfang an verpöhnt wird, denn Esty schien sich ja dort lange Zeit wohlzufühlen bis dann die Eheprobleme auftraten. Ich konnte sowohl mit ihr als auch mit ihrem Mann sehr mitfühlen und man bekam ein Gespür dafür wie der Glaube das Leben eines Menschen beeinflussen kann.

Ich habe zudem sehr die Szenen in Berlin gemocht, da ich die Stadt echt gern habe und man ja einige besondere Orte dort auch kennt.

Fazit: Eine tolle Serie, die mich tief berührt hat und für etwas andere Unterhaltung als sonst gesorgt hat. Ich habe sie als etwas Besonderes empfunden und kann daher nur eine Empfehlung aussprechen. Klasse!

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Sonntag, 26. April 2020

Rezension Luca Ventura

"Mitten im August" von Luca Ventura


Broschiert: 336 Seiten
Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (25. März 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 325730076X
ISBN-13: 978-3257300765


Inhaltsangabe:

Der Inselpolizist Enrico Rizzi hat es auf Capri zumeist mit kleineren Delikten zu tun und daher genügend Zeit, seinem Vater in den Obst- und Gemüsegärten hoch über dem Golf von Neapel zu helfen. Bis mitten im August ein Toter in einem Ruderboot an den felsigen Strand getrieben wird: Jack Milani, Spross einer Industriellenfamilie und Student der Ozeanologie. Es ist der erste Mordfall für den jungen Rizzi, ein Fall, bei dem es neben der Aufklärung eines Verbrechens auch um die Zukunft der Weltmeere geht.

Autoreninfo:

Luca Ventura ist ein Pseudonym. Der Autor lebt die meiste Zeit des Jahres am Golf von Neapel, wo er derzeit den zweiten Fall der Capri-Serie um den Inselpolizisten Enrico Rizzi und dessen norditalienische Kollegin Antonia Cirillo schreibt. 

Meine Meinung: 

Titel: Mord auf Capri...
  
Da in der aktuellen Zeit Urlaub nicht möglich ist, hatte ich Lust dies mittels eines Buches zu erleben und das ist hier in jedem Fall möglich.

In der Geschichte geht es um den Inselpolizisten Enrico Rizzi, dessen Leben geprägt ist durch Falschparker aufschreiben und Anzeigen wegen häuslicher Gewalt erstellen. Doch dann geschieht ein Mord und auf der Insel herrscht Ausnahmezustand. Wird Rizzi, der zudem noch eine neue Kollegin einarbeiten muss, den Fall aufklären können?

Der Roman besticht vor allem durch die großartigen Beschreibungen der Insel Capri und dem italienischen Flair. Ich hatte regelrecht Urlaubsfeeling beim Lesen und beinahe eine Meeresbrise auf der Haut gespürt.

Der Fall nimmt in meinen Augen nur eine Nebenrolle ein, denn der Fokus liegt auf den agierenden Figuren. Daher würde ich das Buch auch nicht als Krimi ansehen, sondern als Roman mit Krimielementen. Beginnt der Fall recht spannend, plätschert er im Verlauf leider immer mehr vor sich hin. Die Auflösung ist durchaus schlüssig, kam mir aber etwas zu konstruiert vor. Und die einzig richtig spannende Szene wird lediglich auf einer Seite abgehandelt.

Enrico Rizzi hat mir gut gefallen, da er sich unglaublich gut um seine Familie kümmert. Ich mochte es, dass er sich nicht nur in seine Arbeit so reinkniet, sondern auch privat alles gibt. Das Mysterium um sein Leben vor Gina macht neugierig auf weitere Fälle.

Die neue Kollegin Antonia Cirillo habe ich als stärkste Figur im Roman empfunden. Sie scheint jemand mit Ecken und Kanten zu sein, der Abwechslung in das Inselleben bringt. Leider wird nur sehr wenig von ihr berichtet, weshalb man fast das Gefühl hat, dass Rizzi allein ermittelt.

Fazit: Als Startband in Ordnung, um einen Einstieg in die Welt von Rizzi zu bekommen, aber die Nachfolger sollten dann spannungstechnisch anziehen. Luft nach oben ist definitiv gegeben, weshalb ich nur bedingt eine Leseempfehlung ausspreche. Urlaubsfreunde kommen auf ihre Kosten, Krimifans jedoch nicht.

Bewertung: 3/5 Sternen

Freitag, 17. April 2020

Rezension Thomas Meyer

"Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse" von Thomas Meyer


Taschenbuch: 288 Seiten
Verlag: Diogenes; Auflage: 13 (26. Februar 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 9783257242805
ISBN-13: 978-3257242805


Inhaltsangabe:

Motti Wolkenbruch ist ein junger orthodoxer Jude aus Zürich, der sich zum Entsetzen seiner Familie in eine Schickse, eine Nichtjüdin, verliebt. Ein Einblick in eine unbekannte Welt, eine berührende und schelmische Geschichte – mit jiddischem Wortwitz und unwiderstehlichem Humor.

Autoreninfo:

Thomas Meyer wurde 1974 in Zürich geboren. Nach einem abgebrochenen Studium der Jurisprudenz ergriff er 1997 den Beruf des Werbetexters und begann gleichzeitig, im Internet Kolumnen zu publizieren. Es folgten diverse Beiträge in Schweizer Nachrichten- und Autorenmagazinen. Im Frühling 2012 publizierte Thomas Meyer seinen ersten Roman.

Meine Meinung:

Titel: Motti und der heiße Tuches...

Nachdem mir von diesem Roman vorgeschwärmt wurde und ich den Film dazu herrlich fand, musste ich nun endlich dieses Buch lesen.

In der Geschichte geht es um Mordechai Wolkenbruch, Spitzname Motti, der aus seiner jüdisch orthodoxen Familie ausbricht, weil er sich in eine Nicht- Jüdin verliebt. Wie wird seine Familie reagieren und wird sich das Risiko lohnen?

Das Besondere hier ist, dass Motti als Ich- Erzähler mit jiddischem Zungenschlag zu uns Lesern spricht. Da muss man sich erst einmal dran gewöhnen. Mit der Zeit fand ich es richtig amüsant und sehr authentisch.

Herr Wolkenbruch ist einfach eine Figur, die man gern haben muss. Es ist schön miterleben zu dürfen wie aus einem schüchternen Kerlchen, der alles macht was seine Mutter möchte, ein erwachsener Mann wird, der versucht seinen eigenen Weg zu gehen.

Durch die Geschichte bekommt man einen guten Einblick in das Leben von orthodoxen Juden. Dies fand ich so interessant, dass ich mich bereits jetzt schon weiter mit der Thematik befasst habe.

Der Roman bietet witzige und ernste Momente und kann in meinen Augen als Coming- of- Age- Literatur bezeichnet werden.

Das Ende ist offen gehalten und kaum hat man das Buch geschlossen, vermisst man Motti. Zum Glück gibt es eine Fortsetzung ("Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin"), welche ich zeitnah lesen werde.

Am Ende findet man ein Glossar mit Begriffserklärungen, so dass es keine Verständnisprobleme geben sollte.

Fazit: Eine besondere Geschichte, die eure Aufmerksamkeit verdient hat. Gute Unterhaltung.

Bewertung: 4/ 5 Sternen

Dienstag, 14. April 2020

Rezension Ingo Schulze

"Die rechtschaffenen Mörder" von Ingo Schulze


Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: S. FISCHER; Auflage: 3. (4. März 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3103900015
ISBN-13: 978-3103900019


Inhaltsangabe:

Norbert Paulini ist ein hoch geachteter Dresdner Antiquar, bei ihm finden Bücherliebhaber Schätze und Gleichgesinnte. Über vierzig Jahre lang durchlebt er Höhen und Tiefen. Auch als sich die Zeiten ändern, die Kunden ausbleiben und das Internet ihm Konkurrenz macht, versucht er, seine Position zu behaupten. Doch plötzlich steht ein aufbrausender, unversöhnlicher Mensch vor uns, der beschuldigt wird, an fremdenfeindlichen Ausschreitungen beteiligt zu sein. Die Geschichte nimmt eine virtuose Volte: Ist Paulini eine tragische Figur oder ein Mörder?

Autoreninfo:

Ingo Schulze wurde 1962 in Dresden geboren und lebt in Berlin. Nach dem Studium der klassischen Philologie in Jena arbeitete er zunächst als Schauspieldramaturg und Zeitungsredakteur. Bereits sein erstes Buch "33 Augenblicke des Glücks", 1995 erschienen, wurde sowohl von der Kritik als auch dem Publikum mit Begeisterung aufgenommen. Ingo Schulzes Werk wurde auch mit internationalen Preisen ausgezeichnet und ist in 30 Sprachen übersetzt.

Meine Meinung:

Titel: Wenn Bücher dein Leben bestimmen...

In der Literatursendung "Buchzeit" wurde dieser Roman besprochen und man war sich nicht ganz sicher über die Qualität des Werkes, weshalb direkt meine Neugier geweckt war.

In der Geschichte geht es um Norbert Paulini, der bereits als Kind auf Büchern schlief und seiner verstorbenen Mutter nacheifert und Antiquar wird. Aus nah und fern strömen sie zu ihm, um Bücher zu erwerben. Doch dann kommt die Wende und es geht bergab. Wirklich? Was wird ihm die neue Zeit bringen? Und vor allem: kann er der ewige Leser bleiben?

Der Roman besticht durch eine unglaublich angenehme Sprache, die mich direkt für das Buch eingenommen hat. Es fällt mir schwer dies genau zu beschreiben. Letztendlich spürt man die Liebe zu Büchern und Literatur in jeder Zeile.

Das Ungewöhnliche hier ist wohl, dass uns die Handlung über eine Figur des Buches nahe gebracht wird, die jedoch nur eine kleine Rolle im Geschehen einnimmt und eher beobachtet als selbst agiert. So als würde ein Stasimitarbeiter über die Jahre unseren Antiquar beobachten und dessen Leben durchleuchten.

Auch wenn viele Paulini als einen Antihelden wahrnehmen, so empfand ich ihn als liebenswerten Büchernarren, der mir nicht unähnlich ist. Für ihn stehen Geschichten, allen voran die Klassiker, an erster Stelle und das Lesen bestimmt seinen Alltag. Verwundern tut einen dies nicht, schließlich ist er quasi im Büchermeer aufgewachsen. Ich habe ihn als einen durchschnittlichen Menschen wahrgenommen, der in seiner Leidenschaft zu Büchern erst so richtig aufgeht.

Der Titel des Romans erschließt sich erst auf den letzten vierzig Seiten und während der Lektüre fragt man sich natürlich dauernd, wo denn da ein Mörder auftauchen soll. Eine Auflösung gibt es nicht, da muss sich jeder Leser seine eigenen Gedanken machen.

Aus dem Lesefluss gebracht hat mich, als wir von Paulini zum Erzähler Schultze umschwenken. Die Einteilung in Kapitel ist plötzlich verschwunden und die eigentliche Geschichte wird mitten im Satz unterbrochen. Auch dies erschließt sich erst im Verlauf der weiteren Handlung.

Fazit: Ein kontroverser Roman, aus dem die Liebe zur Literatur spricht und der mich auf weiter Strecke unfassbar gut unterhalten hat. Ungewöhnlich, anspruchsvoll und mal was anderes. Also langt zu und steckt eure Nasen in dieses Buch!

Bewertung: 4/ 5 Sternen

Montag, 13. April 2020

Rezension Martina Borger

"Wir holen alles nach" von Martina Borger


Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (25. März 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3257071302
ISBN-13: 978-3257071306


Inhaltsangabe:

Job und Kind unter einem Hut – die alleinerziehende Sina jongliert damit seit Jahren. Seit kurzem wird sie von ihrem neuen Partner Torsten dabei unterstützt. Und sie haben Ellen, Ende sechzig, die sich für Nachhaltigkeit einsetzt und das hat, was sich Sinas Sohn Elvis so wünscht: Zeit, Geduld – und einen Hund. Doch dann widerfährt dem sensiblen Jungen etwas Schlimmes. Da er sein Geheimnis nicht preisgibt, spinnt sich ein fatales Netz aus Gerüchten um die kleine Patchworkfamilie.

Autoreninfo:

Martina Borger, 1956 geboren, arbeitete als Journalistin, Dramaturgin und Filmkritikerin, bevor sie sich aufs Drehbuchschreiben verlegte. Sie hat bei mehreren Serien als Storylinerin und Chefautorin gearbeitet. Gemeinsam mit Maria Elisabeth Straub veröffentlichte sie zwischen 2001 und 2009 Romane unter dem Label "Borger & Straub". Ohne Co-Autorin erschien 2007 ihr Roman "Lieber Luca". Martina Borger lebt in München. 

Meine Meinung:

Titel: Vertrau mir!

Dieser Roman ist mir positiv in der Verlagsvorschau aufgefallen, weil er gesellschaftskritisch und geheimnisvoll daher kommt und gespannt begann ich zu lesen.

In der Geschichte geht es um die alleinerziehende Sina, deren Leben ein täglicher Kampf ist. Vollzeit arbeiten gehen mit jeder Menge Überstunden, ein Chef ohne Verständis, einen neuen Partner und die Versorgung ihres Sohnes. Da ist sie über jede Betreuungshilfe froh. Doch mit einem Mal verändert sich ihr Sohn. Ist Elvis etwa etwas zugestoßen? Der Junge spricht über sein Geheimnis nicht. Was ist da nur vorgefallen?

Ein beobachtender Erzähler führt uns durch die Geschehnisse und mal begleiten wir die Nachhilfelehrerin Ellen und mal Sina, die ihren Sohn Elvis zu Ellen in die Betreuung gibt. Dadurch bekommt man als Leser in beide "Familien" einen guten Einblick.

Mir hat sehr gut gefallen, dass die Frauen trotz zahlreicher Unterschiede das gleiche Schicksal zu bestreiten haben, nämlich sich allein durch das Leben zu boxen. Ich empfand es als sehr realistisch, dass man alleinstehend alle finanziellen Hürden eben auch allein mit einem Gehalt bestreiten muss, auch wenn die Mieten immer mehr steigen, genau wie Strom, Lebensmittel und Co und dass dies einen enormen Einfluss auf die Lebensqualität der betroffenen Person hat. Großstadt muss man sich heute leisten können.

Frau Borger schafft ansonsten Figuren, mit denen man sich identifizieren kann und die man mag. Sina hätte ich zwar gern ein ums andere Mal geschüttelt, weil ich ihr Verhalten nicht immer ganz nachvollziehen konnte, aber letztendlich wollte sie ja immer nur alles richtig machen. Und durch Ellen bekommt man einen Einblick in das Leben einer Rentnerin, die sich fragt was ihr im Leben noch Gutes passieren kann oder ob es das schon gewesen ist.

Der größte Sympathieträger im Buch ist ganz klar Elvis, der Sohn von Sina. Er ist so ein lieber Kerl und beißt sich trotz aller widrigen Umstände durch. Er tut alles, damit seine Mama stolz auf ihn ist. Seine Liebe zu Hunden konnte ich nur zu gut verstehen, weil es mir da genauso geht wie ihm. 

Ebenfalls sehr überzeugend kam die neue Beziehung von Sina daher, denn man spürt genau, dass nach einigen Enttäuschungen vorher das Urvertrauen beider kaum noch vorhanden ist, da alte Verletzungen aus früheren Beziehungen noch nachklingen.

Im Übrigen spürt man bei jeder Zeile, dass die Autorin sich sehr gut in München auskennt. Ich war noch nie dort, hatte es aber sehr schön bildlich vor Augen.

Ansonsten ist es der Autorin sehr gut gelungen mich als Leser auf den falschen Weg zu locken, was mir zum Schluss sehr unangenehm war, denn ich merkte, dass auch ich nicht frei von Vorurteilen und Klischees bin. Das Geheimnis wird erst ganz am Schluss gelüftet und hat mich sehr überrascht, denn das hatte ich nicht kommen sehen.

Fazit: Gelungene Gesellschaftskritik, die zudem unglaublich unterhaltend ist. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. 

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Sonntag, 12. April 2020

Rezension Nick Hornby

"Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst" von Nick Hornby


Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
Verlag: Kiepenheuer&Witsch; Auflage: 2. (5. März 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3462054104
ISBN-13: 978-3462054101


Inhaltsangabe:

Tom und Louise machen eine Paartherapie, denn nach vielen Ehejahren ist die Beziehung mehr oder weniger in eine Sackgasse geraten. Was die beiden umtreibt und wo der Hase im Pfeffer liegt, erfährt der Leser nach und nach von ihnen direkt – beim Warten auf die nächste Therapiesitzung im Pub gegenüber. Tom und Louise treffen sich. Regelmäßig. Doch es ist keine Verabredung im herkömmlichen Sinne, der Pub dient ihnen nur als Treffpunkt vor ihren Sitzungen bei einer Paartherapeutin.

Autoreninfo:

Nick Hornby gilt als Kultautor. Seine größten Leidenschaften sind der Fußball und die Musik, genauer: die Popmusik. Über beide Themen hat er geschrieben, mit seinem typisch britischen Humor. Bereits sein Erstling „Fußballfieber“ wurde zum Bestseller, und mit „High Fidelity“ konnte er diesen Erfolg noch übertreffen. Dabei arbeitete Hornby, der 1957 im britischen Redhill geboren wurde, nach seinem Studium in Cambridge zunächst als Lehrer. Um sich jedoch ganz dem Schreiben widmen zu können, hing er diesen Beruf an den Nagel. Der Rest ist quasi schon Legende – nicht zuletzt auch dank der erfolgreichen Verfilmungen seiner Geschichten. Nick Hornby lebt mit seiner Familie in London. 

Meine Meinung:

Titel: Ehetherapie mal anders...

Aufgrund der witzigen Aufmachung des Buches bin ich auf diesen neuen Hornby aufmerksam geworden. 

In der Geschichte geht es um Louise und Tom, die nach langen Ehejahren in einer Krise stecken. Um da wieder herauszukommen, besuchen sie eine Paartherapie. Bevor es jedoch dort hin geht, treffen sie sich im Pub und besprechen sich. Wird die Therapie helfen oder bleibt am Ende nur die Scheidung?

Mir hat hier vor allem gefallen, dass wir nicht selbst bei der Therapie dabei sind, sondern immer kurz davor. Über den Inhalt der Therapeutengespräche erfahren wir nur nebenbei etwas. Zudem fand ich niedlich, dass sie durch die Pubbesuche feststellen, dass sie nicht die Einzigen sind, die sich helfen lassen.

Hornby stellt sehr realistisch dar wie Beziehungsgespräche in der Krise ablaufen. Wirft man sich zu Beginn nur Anschuldigungen an den Kopf und sieht das Gegenüber als Ursache für alles an, wird mit der Zeit nach einer Lösung gesucht, sofern denn beide wollen. Das fand ich hier sehr schön geschildert, da es hoffungsvoll klingt.

Dem Autor gelingt es, dass man für keine Seite Partei ergreift, sondern sowohl sie als auch ihn verstehen und sich mit demjenigen identifizieren kann.

Fazit: Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und des öfteren schmunzeln dürfen, von daher spreche ich gern eine Empfehlung aus. Gelungen!

Bewertung: 4/ 5 Sternen

Samstag, 11. April 2020

Rezension Alexandra Fröhlich

"Dreck am Stecken" von Alexandra Fröhlich


Broschiert: 320 Seiten
Verlag: Penguin Verlag; Auflage: Originalausgabe (9. September 2019)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3328102310
ISBN-13: 978-3328102311


Inhaltsangabe:

Opa Heinrich ist tot. Sein Vermächtnis: ein vergilbtes Tagebuch. Johannes und seine Brüder beschließen erst mal, seine Vergangenheit ruhen zu lassen. Doch zur Beerdigung erscheinen lauter Menschen, die sie noch nie gesehen haben, eine alte Dame ist sogar aus Argentinien angereist. Was hatte der Großvater mit diesen Leuten zu schaffen? Aus Neugierde beginnt Johannes, das Tagebuch zu lesen. Danach ist klar: Die vier Brüder müssen ihrer Familiengeschichte auf den Grund gehen. Denn Opa hatte Dreck am Stecken. Und zwar nicht zu knapp ... 

Autoreninfo:

Alexandra Fröhlich lebt als Autorin in Hamburg und arbeitet als freie Textchefin für verschiedene Frauenmagazine. Mit ihren Romanen "Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen" und "Gestorben wird immer" stand sie monatelang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. In ihrem neuen Roman "Dreck am Stecken" erzählt Alexandra Fröhlich die faszinierende Geschichte einer Familie, die sich ihrer dunklen Vergangenheit stellen muss. 

Meine Meinung:

Titel: Liebenswerte Familie mit Macken...

Als Fan von Familiengeschichten sprach mich der Klappentext enorm an, aber ich konnte ja nicht ahnen was für eine amüsante Geschichte ich da zu lesen bekam.

Im Roman geht es um die vier Brüder Johannes, Jakob, Philipp und Simon, die sich nach dem Tod ihres Großvaters auf Spurensuche begeben, um die Familiengeschichte zu ergründen. Als das Tagebuch des Opas auftaucht, sind sie dem Geheimnis ganz dicht auf den Fersen. Werden sie das Rätsel lösen?

Der älteste Bruder Johannes agiert als Ich- Erzähler des Romans und lässt uns über zwei Zeitebenen am Familienalltag teilhaben. Zum einen wandeln wir im damals, die Zeit nicht konkret benannt, zum anderen in der Gegenwart im Jahr 2008. Tagebucheinträge runden diese besondere Familiengeschichte ab.

Selten habe ich eine Familie erlebt, die mich trotz aller Tragik so zum Schmunzeln gebracht hat und deren Mitglieder ich bereits nach wenigen Seiten ins Herz geschlossen hatte. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass mich solch ein Männerhaufen mal emotional berühren würde.

Die Jungs wachsen unter schwierigen Verhältnissen auf und gehen trotzdem ihren Weg. Ich habe vor allem ihren Zusammenhalt bewundert, denn trotz aller Schwierigkeiten wird niemand zurückgelassen. Ich denke jeder Leser wird seinen Liebling finden, da die Jungs durch ihre Ecken und Kanten so liebenswert sind. Ich weiß nicht ob es an der Erzählperspektive lag, aber ich mochte am meisten Stotterer Johannes, der sich als Ältester um alles kümmert und den Zusammenhalt der Familie am meisten forciert. Auch wenn er nicht der typische Anführer ist, sorgt er für das Wohl der Truppe.

Das Geheimnis, welches im Laufe der Handlung gelüftet wird, hat es wirklich in sich. Ich hatte zwar beim Lesen bereits erste Vermutungen, aber alle Hintergründe werden wirklich erst zum Schluss aufgeklärt, so dass es lange spannend bleibt.

Fazit: Ein klasse Familienroman, der mich berührt und zum Schmunzeln gebracht hat. Gern spreche ich eine Empfehlung aus. Spitze!

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Mittwoch, 8. April 2020

Rezension Sasha Filipenko

"Rote Kreuze" von Sasha Filipenko


Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
Verlag: Diogenes; Auflage: 2 (26. Februar 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3257071248
ISBN-13: 978-3257071245


Inhaltsangabe:

Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde. Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher. Die alte Dame erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt. Nach und nach erkennen die beiden ineinander das eigene gebrochene Herz wieder und schließen eine unerwartete Freundschaft, einen Pakt gegen das Vergessen.

Autoreninfo:

Sasha Filipenko, geboren 1984 in Minsk, ist ein weißrussischer Schriftsteller, der auf Russisch schreibt. Nach einer abgebrochenen klassischen Musikausbildung studierte er Literatur in St. Petersburg und arbeitete als Journalist, Drehbuchautor, Gag-Schreiber für eine Satire-Show und Fernsehmoderator. "Rote Kreuze" ist der erste seiner fünf Romane, der auf Deutsch erscheint. Sasha Filipenko ist leidenschaftlicher Fußballfan und lebt in St. Petersburg. 

Meine Meinung:

Titel: Ein Kreuz für die Erinnerung...

Dieser tolle Roman wurde mir auf der letzten Buchmesse wärmstens ans Herz gelegt und nun weiß ich auch warum.

In der Geschichte geht es um Alexander, der gerade umgezogen ist und versucht ein neues Leben anzufangen. Da besucht ihn seine neunzigjährige Nachbarin Tatjana und erzählt ihm ihre Lebensgeschichte.Was verbindet die beiden und werden sie sich gegenseitig Hoffnung geben können?

Der Roman ist sehr vielfältig in seiner Gestaltung, denn wir erleben die Geschehnisse nicht nur als Erzählungen aus Sicht der beiden Hauptfiguren, sondern Protokolle, Briefe und Gedichte ergänzen das Ganze. Zunächst habe ich den Sinn der Briefe und Protokolle nicht erfassen können, aber im Verlauf der Handlung wurde dann klar, was sie verdeutlichen sollen.

Tatjana habe ich zu Beginn als etwas aufdringlich und anstrengend empfunden, eben eine typische Nachbarin, die gern einem jungen Menschen ein Ohr abkaut. Ihre Lebensgeschichte ist dann aber so spannend, dass man ihr auch als Leser sehr bald gern zuhört, schlicht weil man so viel Leid kaum begreifen kann.

Alexander war mir als Charakter auf Anhieb sympathisch, denn er begegnet seinen Mitmenschen offen gegenüber und scheint im Gegensatz zu seinem Stiefvater auch keine Vorurteile gegenüber anderen zu haben. Sein Schicksal hat mich zu Tränen gerührt und ich musste hart schlucken als ich las, was seine Beweggründe für den Neuanfang waren.

Der Roman zeigt sehr anschaulich wie heilsam zwischenmenschliche Beziehungen sein können und dass ein offenes Ohr noch keinem geschadet hat.

Des Weiteren hatte ich das Gefühl, dass man einen guten Einblick in die stalinistische Sowjetunion bekam durch die Erlebnisse von Tatjana.

Fazit: Ein Roman, der mich mitten ins Herz getroffen hat und sich wie ein richtiger Pageturner las. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. Klasse!

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Montag, 6. April 2020

Rezension Victoria Mas

"Die Tanzenden" von Victoria Mas


Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Piper; Auflage: 2. (6. Juli 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3492070140
ISBN-13: 978-3492070140
Originaltitel: Le Bal des Folles


Inhaltsangabe:

Ganz Paris will sie sehen: Im berühmtesten Krankenhaus der Stadt, der Salpêtrière, sollen Louise und Eugénie in dieser Ballnacht glänzen. Ob die Hysterikerinnen nicht gefährlich seien, raunt sich die versammelte Hautevolee zu und bewundert ihre Schönheit gerade dann, wenn sie die Kontrolle verlieren. Für Louise und Eugénie aber steht an diesem Abend alles auf dem Spiel: Sie wollen aus ihrer Rolle ausbrechen, wollen ganz normale Frauen sein, wollen auf dem Boulevard Saint-Germain sitzen und ein Buch lesen dürfen, denken und träumen und lieben dürfen wie die Männer.

Autoreninfo:

Victoria Mas, 1987 in Le Chesnay geboren, hat acht Jahre lang in den USA gelebt und dort als Script Supervisor, Standfotografin und Übersetzerin beim Film gearbeitet. Zurück in Paris, studierte sie Literatur an der Sorbonne und ist heute als freie Autorin und Journalistin tätig. Ihr Debüt "Die Tanzenden" erscheint in sechzehn Ländern und wurde mit mehreren Preisen geehrt, darunter dem Prix Stanislas und dem Prix Renaudot des lycéens. 

Meine Meinung:

Titel: So viel mehr als nur ein Frauenroman...

Als ich zu diesem Roman griff, bin ich davon ausgegangen, dass er von starken Frauencharakteren handeln wird, aber was ich bekam war so viel mehr als das.

In der Geschichte geht es um drei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Louise ist Patientin in einer Anstalt, Geneviève ist dort Aufseherin und Eugénie ist ein junges Mädel aus gutem Hause, die immer etwas über die Stränge schlägt. Was verbindet die Drei miteinander und wird jede ihr Glück finden können?

Die junge Autorin entführt uns in das Paris des späten 19. Jahrhunderts. Hier in der berühmten Salpêtrière werden die ersten Maßnahmen und Therapien in Sachen psychiatrischer Behandlung gewagt und wir erleben das Wirken des berühmten Dr. Charcot. Ich habe mir bisher kaum Gedanken zu diesem Thema gemacht und war doch sehr geschockt über die Experimente, die an den ausschließlich weiblichen Patientinnen gewagt werden. Man sollte bei dieser Lektüre auf Schockmomente vorbereitet sein.

Frau Mas zeichnete für mich ein unheimlich authentisches Bild der damaligen Gesellschaft, in der die Männerwelt den Ton angibt und Frauen nur nach deren Wünschen agieren dürfen. Da ist man direkt froh als Frau von heute, dass diese Zeiten vorbei sind.

Die drei dargestellten Frauen haben jede für sich ihr Päckchen zu tragen. Trotz aller Unterschiede einte sie stets eins: sie wollen nur ein selbstbestimmtes Leben führen, was ihnen aber leider teils verwehrt bleibt aufgrund ihres Geschlechtes. Ich mochte am liebsten Eugénie, weil sie mir am ähnlichsten ist. Sie ist ihrer Zeit weit voraus und nimmt kein Blatt vor dem Mund, auch wenn sie dafür die Konsequenzen tragen muss. Bemitleidet habe ich die beiden anderen, denn auch wenn Geneviève keine eingesperrte Patientin ist, so hat sie genauso wenig Freiheiten wie Louise.

Der Roman zeigt die Anfänge der Medizin sehr schonungslos und ungeschönt, womit man als Leser klar kommen muss. Mir hat dies nichts ausgemacht, da mir durchaus klar ist, dass das was wir heute an Privilegien und medizinischen Möglichkeiten haben, alles hart erkämpft worden ist.

Mich hat das Buch unglaublich gut unterhalten und mir die Augen geöffnet, denn durch das Leid anderer damals, müssen Menschen heute weniger aushalten.

Fazit: Berührende Geschichte, die man so schnell nicht vergisst und die noch lange nachwirkt. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. Klasse!

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Samstag, 4. April 2020

Rezension Daniela Krien

"Muldental" von Daniela Krien


Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (26. Februar 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3257070942
ISBN-13: 978-3257070941


Inhaltsangabe:

Jeder Umbruch fordert Opfer. Auch eine friedliche Revolution. Daniela Krien erzählt von Menschen, deren Leben an einem Kontrapunkt der Geschichte ins Wanken gerieten. Sie erzählt von Orientierungslosigkeit und tiefer Verzweiflung. Doch diese Romanminiaturen gehen über das Schicksal des Einzelnen hinaus; sie zeichnen ein Bild des Menschen von heute. Ein Buch über das Trotzdem-den-Kopf-über-Wasser-Halten, über das Trotzdem-Weitermachen, über das Es-trotzdem-Schaffen.

Autoreninfo:

Daniela Krien, geboren 1975 in Mecklenburg-Vorpommern, aufgewachsen
in einem Dorf im Vogtland (Sachsen), lebt mit Mann und zwei Töchtern in Leipzig.
Sie studierte Kulturwissenschaften, Kommunikations-und Medienwissenschaft und
arbeitete unter anderem als Drehbuchautorin und Cutterin für amadelio film.


Meine Meinung: 

Titel: So viel mehr als nur Kurzgeschichten...

Nachdem ich "Die Liebe im Ernstfall" verschlungen habe, lese ich natürlich gern etwas Neues von dieser Autorin. Daher griff ich zu diesem Kurzgeschichtenband, auch wenn ich sonst eher selten Kurzgeschichten lese.

Im Buch versammeln sich diverse Kurzgeschichten unterschiedlichster Couleur, die alle einen Angelpunkt haben: die Wendezeit. Was macht so ein geschichtlicher Umbruch mit den Menschen? Gibt es nur Gewinner oder auch Verlierer?

Besonders überrascht hat mich, dass die Geschichten um einiges düsterer ausfallen als ich es erwartet habe und dennoch erzählen sie so intensiv und so viel mehr als ein fünfhundert Seiten Roman je könnte. Ich hatte mich erst gesperrt für die vermeintlich wenigen Seiten entsprechend ins Portemonnaie greifen zu müssen, aber diese Investition lohnt sich voll und ganz.

Gelungen empfand ich, dass der Band im Muldental beginnt und dort mit einer weiteren Geschichte rund um die Figuren vom Anfang endet. Das macht das Gesamtpaket sehr rund.

Meine Lieblingsgeschichte war ganz klar "Freiheit". Selten hat mich etwas so berührt. Ich war komplett geschockt und hatte Tränen in den Augen. Das muss ein Autor erstmal schaffen. Wenn jemand solche Emotionen bei einem Leser hervorrufen kann, dann ist derjenige auf jeden Fall fähig zu schreiben.

Das Gute an dem Band ist, dass jeder Leser seinen persönlichen Favoriten finden wird und sich mit einer handelnden Figur wird identifizieren können. Oder man fühlt sich an jemanden erinnert, der einem selbst mal über den Weg gestolpert ist.

Fazit: Etwas, dass man in einem Rutsch oder wohl portioniert lesen kann. Ich habe jede Seite genossen und kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Klasse!

Bewertung: 5/ 5 Sternen

Donnerstag, 2. April 2020

Rezension Pierre Jarawan

"Ein Lied für die Vermissten" von Pierre Jarawan


Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
Verlag: Berlin Verlag; Auflage: 1. (2. März 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3827013658
ISBN-13: 978-3827013651


Inhaltsangabe:

Als 2011 der Arabische Frühling voll entfacht ist, löst der Fund zweier Leichen auch in Beirut erste Unruhen aus. Während schon Häuser brennen, schreibt Amin seine Erinnerungen nieder: an das Jahr 1994, als er als Jugendlicher mit seiner Großmutter in den Libanon zurückkehrte – zwölf Jahre nach dem Tod seiner Eltern. An seine Freundschaft mit dem gleichaltrigen Jafar, mit dem er diese verschwiegene Nachkriegswelt durchstreifte. Und daran, wie er schmerzhaft lernen musste, dass es in diesem Land nie Gewissheit geben wird – weder über die Vergangenheit seines Freundes, noch über die Geschichte seiner Familie. 

Autoreninfo:

Pierre Jarawan wurde 1985 als Sohn eines libanesischen Vaters und einer deutschen Mutter in Amman, Jordanien geboren, nachdem diese vor dem Bürgerkrieg geflohen waren. Im Alter von drei Jahren kam er mit seiner Familie nach Deutschland. Seit 2009 zählt er zu den erfolgreichsten Bühnenpoeten im deutschsprachigen Raum. 2012 wurde er Internationaler Deutschsprachiger Meister im Poetry Slam. "Am Ende bleiben die Zedern" ist sein Romandebüt, für das er 2015 das Literaturstipendium der Stadt München erhielt. Pierre Jarawan lebt in München.

Meine Meinung:

Titel: Durchhalten lohnt sich...

Nachdem ich so viel Positives über den Autor gehört hatte, wollte ich nun auch endlich mal ein Buch von ihm lesen und er machte es mit wirklich alles andere als leicht.

In der Geschichte geht es um Amin, der mit seiner Großmutter von Deutschland in seine Heimat den Libanon zurückkehrt. Doch hier herrschen nach dem Bürgerkrieg immer noch Unruhen und das Leben ist gänzlich anders als in Deutschland. Während seine Großmutter wieder zu sich findet, tut sich Amin schwer mit dem Umzug. Wird er zu seinen Wurzeln finden?

Der Autor hat mir den Einstieg in die Geschehnisse nicht gerade leicht gemacht, da ich mich sowohl an die blumige, detailverliebte Sprache als auch an die ständigen Zeitsprünge erst gewöhnen musste. Durch die Sprünge in der Zeit kommt es öfter zu Wiederholungen, die ich als störend empfand. Zudem ist die Stimmung des Buches durchgehend düster, was einen emotional sehr runterzieht. Doch hält man die ersten hundert Seiten wirklich eisern durch, gewöhnt man sich daran und bekommt einen tiefen Einblick in die Seele eines zerrütteten Bürgerkriegslandes.

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich erst durch diese Lektüre mit dem Schicksal des Landes und seiner Geschichte beschäftigt habe. Herrn Jarawan gelingt es in meinen Augen sehr gut die Vorzüge des Libanon trotz allem hervorzuheben, insbesondere die dort lebenden Menschen und deren Kultur. Trotz aller Unterschiede gibt es doch durchaus Gemeinsamkeiten zur westlichen Welt.

Die dargestellten Figuren, allen voran Amin und sein Freund Jafar, berühren den Leser im Herzen. Was die Jungs bereits in jungen Jahren durchleben mussten und wie unterschiedlich ihre Wege sind, ließ sich faszinierend lesen. Ich mochte beide gern und liebte das Mysterium um Kumpel Jafar.

Ebenso berührend war das Schicksal der Großmutter und dass sie erst in ihrer Heimat wieder so richtig aufblüht. Durch sie wurden die Gefühle von Geflüchteten sehr schön zum Ausdruck gebracht und mehr Verständnis für sie geweckt. Niemand kann sich in so eine Situation hineinversetzen, wenn er sie nicht selbst erlebt hat.

Fazit: Ein Roman, der berührt und einen Lichtschein auf den arabischen Frühling und ein spannendes Land wirft, mit dem man sich auch mal beschäftigen sollte. Wer anspruchsvolle Lektüre mag, wird dieses Buch lieben. Gern spreche ich eine Empfehlung aus. Prädikat gut!

Bewertung: 4/ 5 Sternen

Mittwoch, 1. April 2020

Buchkauf in Zeiten von Corona

Hallo ihr Lieben,

heute mal ein Beitrag aus meinem Alltag.

Aufgrund der aktuellen Lage ist man ja doch mehr online als sonst, weil viele Beschäftigungen wie Fitnessstudio, Kino und Co weggefallen sind. Da nimmt natürlich mein Hobby Lesen den ersten Platz direkt nach der Arbeit ein. Man informiert sich irgendwie deutlich intensiver in puncto Neuerscheinungen. Schon alleine weil die Verlage so viele Lesungen bei Instagram, Facebook und Co laufen haben, dass die Neugierde dauernd geweckt wird. Und so stellte sich auch mir die Frage: Wo neuen Lesestoff herbekommen, wenn die Läden zu sind und der große Händler mit dem A lieber sein Geld mit Klopapier und Co verdient anstatt weiter Bücher zügig an die neugierigen Leser auszuliefern?

Ich habe das große Glück, dass ich derzeit noch ins Büro gehen darf und hoffe, dass das auch noch lange so bleibt. Sonst fallen mir tatsächlich auch die letzten sozialen Kontakte mit Menschen vis a vis weg. Natürlich halten wir Mindestabstand und alles ein, aber mal einen Menschen in die Augen zu sehen ist eben doch was anderes als ausschließlich per Telefon. Und weiterhin Geld verdienen und sich das Hobby auch leisten können, ist eben auch wichtig.
 

Nachdem ich bei vielen Bloggern gelesen habe, dass die Buchhandlungen Lieferservice anbieten, damit man nicht ohne Lektüre verweilen muss, rief ich meine örtliche Buchhandlung an, weil auf der Webseite kein Hinweis darauf zu finden war wie das bei denen läuft. Die nette Dame am Telefon teilte mir dann mit, dass sie geöffnet haben, weil das in Sachsen- Anhalt erlaubt ist. Da war ich erstmal baff, denn mit allem habe ich gerechnet, aber damit ganz sicher nicht.

Also setzte ich mich abends erstmal mit einem Zettelchen hin, was es denn werden soll, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass das dauerhaft so bleibt. Wenn ja, ist das natürlich schön, aber wer weiß was uns noch alles erwartet.

Am Tag darauf rief ich dann an und gab meine Bestellung auf und bereits einen Tag später, nämlich heute, durfte ich dann bereits zur Abholung vorstellig werden.




Erstmal total ungewohnt war natürlich, dass die Stadt komplett leer war, was sonst als Touristenhochburg nie der Fall ist. Ich wohne drei Orte davon entfernt und bereits auf dem Weg dorthin fiel mir auf, dass es um die Tageszeit doch enorm ruhig war.



Nicht weit zu laufen steht man dann vorm Laden im urigen Fachwerkhaus. Viele Jahre gab es auch in meinem Wohnort eine Zweigstelle der Buchhandlung, aber dass diese die Pforten schließen musste ist bestimmt schon 15 Jahre her.



Mal wieder in der Nähe von vollen Regalen mit neuen Schätzen zu stehen, die nicht zum eigenen Bestand gehören, das ist schon schön.



Und man muss sich auch keine Sorgen machen, da für Besucher genug Platz ist. Außer mir waren nur noch zwei andere Personen im Laden (Mama mit Kind), die raus gingen kurz nachdem ich eingetreten war. Die bestellten Schätze lagen natürlich schon bereit für mich.


  
Mit gut gefülltem Beutel ging es wieder Richtung Auto. Hier ist hamstern ganz klar erlaubt.

Durch meine Recherchen, die ich vorher betrieben habe, ist Lesestoff ins Beutelchen gerutscht, was eigentlich nicht ganz so typisch für mich ist. Geht es euch so, dass ihr jetzt auch andere Genre oder mal ein Sachbuch lest?
 

Besonders gespannt bin ich auf "Guten Morgen, du Schöne" und "Guten Morgen, du Schöner".

Und hier nun der Inhalt des Beutelchens: 


Die illustrierte Ausgabe von "Sturmhöhe" hatte ich übrigens nicht vorbestellt, sondern diese Schönheit hat sich einfach nicht davon abbringen lassen mit mir mitkommen zu wollen.

Und was sagt mir das: lieber lokal shoppen als online, denn dann findet man vielleicht noch einen Schatz, über den man sonst nicht gestolpert wäre.
 

Liebe Grüße

eure Janine alias nicigirl85