Nr. 6: "Ein Traum vom Glück" von Eva Völler
Broschiert: 464 Seiten
Verlag: Lübbe; Auflage: 1. Aufl. 2020 (27. März 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3785726708
ISBN-13: 978-3785726709
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
Inhaltsangabe:
Essen 1951: Nach der Flucht aus der Kriegshölle Berlin hat die junge
Katharina Unterschlupf bei der Familie ihres verschollenen Mannes
gefunden. Aber das Zusammenleben mit der barschen, zupackenden
Schwiegermutter auf engem Raum fällt der lebenshungrigen Frau schwer.
Sie will ein besseres Leben für sich und ihre beiden Töchter. Mit
trotziger Entschlossenheit versucht sie, ihrem ärmlichen Umfeld zu
entfliehen. Doch dann begegnet sie dem traumatisierten Kriegsheimkehrer
Johannes ...
Autoreninfo:
Eva Völler hat sich schon als Kind gern Geschichten ausgedacht. Trotzdem
hat sie zuerst als Richterin und später als Rechtsanwältin ihre
Brötchen verdient, bevor sie Juristerei und Robe schließlich endgültig
an den Nagel hängte. „Vom Bücherschreiben kriegt man auf Dauer einfach
bessere Laune als von Rechtsstreitigkeiten. Und man kann jedes Mal
selbst bestimmen, wie es am Ende ausgeht.“ Die Autorin lebt mit ihren
Kindern am Rande der Rhön in Hessen.
Meine Meinung:
Titel: Das Schicksal der Spätheimkehrer...
Bei
dem vorliegenden Buch handelt es sich um den ersten Band einer Reihe.
Da ich Familiengeschichten sehr liebe und es kurz nach dem zweiten
Weltkrieg spielt, war meine Neugier sofort geweckt. Gespannt begann ich
zu lesen.
In
der Geschichte geht es um Katharina und ihre Familie. Sie lebt bei
ihrer Schwiegermutter Mine und ihr Mann wird seit Jahren vermisst. Das
Leben nach dem Krieg ist alles andere als leicht, aber man beißt sich
durch. Doch dann begegnet sie dem Spätheimkehrer Johannes und nichts ist
mehr wie es war. Was soll sie bloß tun?
Mir
ist direkt positiv aufgefallen, dass im Buch Ruhrpottplatt benutzt
wird, was die Handlung sehr authentisch macht. Ich komme zwar nicht aus
der Region, habe aber alles gut verstanden. Zudem gibt es am Ende ein
Glossar zu den Begriffen.
Der
Autorin gelingt es in meinen Augen sehr gut ein Bild vom zerbombten
Nachkriegsdeutschland zu zeichnen, bei dem man sich alles bildlich
vorstellen kann und die Entbehrlichkeiten der Protagonisten beinahe am
eigenen Leib spürt.
Die
dargestellten Figuren sind so unterschiedlich, dass jeder interessierte
Leser jemanden findet, mit dem er sich identifizieren kann.
Katharina
als Hauptcharakter musste echt einiges durchmachen. Mir hat gut
gefallen, dass ihr Lebensweg so diffizil war, denn das macht sie als
Figur besonders spannend. Ich mochte ihre Träume vom eigenen Atelier und
ihre Leidenschaft für Kleidung.
Mit
Johannes habe ich sehr mitfühlen können. Seine Erlebnisse im Krieg und
im Lager haben mir Gänsehaut abverlangt. Zudem war an seinem Beispiel
das Bergarbeiterleben gut nachvollziehbar.
Besonders
ans Herz gewachsen ist mir Schwiegermutter Mine, die für ihre Familie
alles gibt und die Hoffnung nicht aufgibt, dass ihr Sohn doch noch aus
dem Krieg heimkommt.
Auch an Bösewichten mangelt es nicht, daher lasst euch in dem Punkt überraschen.
Nicht
nur Geschichte spielt im Roman eine Rolle, sondern auch die Liebe. Dies
war zu keiner Zeit kitschig, zu viel oder übertrieben, sondern ganz
nach meinem Geschmack. Gerade nach so viel Negativen finde ich so etwas
als Gegensatz sehr angenehm.
Der
Roman hat mir alles abverlangt, da man wirklich ein Wechselbad der
Gefühle erlebt. Da glaubt man, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann
und dann passiert eben genau das.
Mit
dem Ende hatte ich so gar nicht gerechnet. Es hat mich so dermaßen
geschockt, dass ich weinen und die Lektüre erstmal sacken lassen musste.
Fazit:
Mich hat der Roman tief berührt und nun warte ich ungeduldig auf die
Fortsetzung. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. Klasse!
Bewertung: 5/ 5 Sternen
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Nr. 5: "Dankbarkeiten" von Delphine de Vigan
Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
Verlag: DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG; Auflage: 1 (10. März 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3832181121
ISBN-13: 978-3832181123
Originaltitel: Les gratitudes
Inhaltsangabe:
Michka, die stets ein unabhängiges Leben geführt hat, muss feststellen,
dass sie nicht mehr allein leben kann. Geplagt von Albträumen glaubt sie
ständig, wichtige Dinge zu verlieren. Tatsächlich verliert sie nach und
nach Wörter, findet die richtigen nicht mehr und ersetzt sie durch
ähnlich klingende. Die junge Marie, um die Michka sich oft gekümmert
hat, bringt sie in einem Seniorenheim unter. Der alten Frau fällt es
schwer, sich in der neuen Ordnung einzufinden. In hellen Momenten leidet
sie unter dem Verlust ihrer Selbstständigkeit. Doch was Michka am
meisten beschäftigt, ist die bisher vergebliche Suche nach einem
Ehepaar, dem sie ihr Leben zu verdanken hat. Daher gibt Marie erneut
eine Suchanzeige auf, und Michka hofft, ihre tiefe Dankbarkeit endlich
übermitteln zu können.
Autoreninfo:
Delphine de Vigan, geboren 1966, erreichte ihren endgültigen Durchbruch
als Schriftstellerin mit dem Roman "No & ich" (2007), für den sie
mit dem Prix des Libraires und dem Prix Rotary International 2008
ausgezeichnet wurde. Ihr Roman "Nach einer wahren Geschichte" (DuMont
2016) stand wochenlang auf der Bestsellerliste in Frankreich und erhielt
2015 den Prix Renaudot. Bei DuMont erschien außerdem 2017 ihr
Debütroman "Tage ohne Hunger" und 2018 der Roman "Loyalitäten".
Meine Meinung:
Titel: Wenn die Worte fehlen...
Als
ich auf dieses Buch stieß, da hatte ich das Gefühl, dass mich etwas
Besonderes erwartet. Doch was ich bekam, hat meine Erwartungen
übertroffen.
In
der Geschichte geht es um die alleinstehende Michka, die spürt, dass
sich etwas verändert in ihrem Leben. Albträume quälen sie und immer mehr
fallen ihr Worte nicht mehr ein. Wird ihr der Umzug in ein Seniorenheim
helfen?
Interessant
fand ich, dass die Handlung nicht über Michka selbst dem Leser nahe
gebracht wird, sondern über Jerome und Marie, die immer im Wechsel als
Ich- Erzähler agieren und dem Leser aufzeigen wie stark sie sich
verändert. Während Logopäde Jerome eher
losen Kontakt zu Michka hat, besteht zwischen ihr und Marie eine sehr
enge Bindung, da sie Marie in jungen Jahren sehr geholfen hat.
Mich
hat es tief berührt zu lesen wie die Demenz bei Michka immer mehr
voranschreitet und was für Einschränkungen dadurch in ihrem Leben
entstehen. Das war mir vorher gar nicht so bewusst. Auch zeigt es, dass
die Veränderungen nicht nur nahen Verwandten auffällt, sondern auch
Fremden. Auch mochte ich das Einflechten von Michkas Vergangenheit sehr,
da man spürt wieviel sie bereits durchgemacht hat und jetzt noch
durchmachen muss.
Ebenso
musste ich an meine Eltern denken, die zwar derzeit noch nicht in dem
Alter sind, dass sie daran leiden könnten, aber ich würde mir nach
dieser Lektüre wünschen, dass sie genau dieses Schicksal nicht ereilt.
Gut fand ich zudem, dass die Autorin auch den Nebenfiguren Raum gibt.
Der
Autorin gelingt es mit diesem Buch sehr intensiv das Schicksal einer
Demenzkranken aufzuzeigen und das nicht abschätzend oder abwertend,
sondern mit einer direkten, ansprechenden Sprache, die berührt und
wachrüttelt. Man spürt die Wichtigkeit dieses Themas und dass man viel
Einfühlungsvermögen und Verständnis für die Betroffenen benötigt.
Das
Ende hatte ich so nicht kommen sehen. Geschockt musste ich die Lektüre
daher sacken lassen, bevor ich dazu nun etwas schreiben konnte.
Fazit:
Ein Roman, der mich emotional gepackt und einige Tränen eingefordert
hat. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. Eine Bereicherung im
Bücherregal.
Bewertung: 5/ 5 Sternen
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Nr. 4: "Die Bagage" von Monika Helfer
Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
Verlag: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG; Auflage: 7 (1. Februar 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3446265627
ISBN-13: 978-3446265622
Inhaltsangabe:
Josef und Maria Moosbrugger leben mit ihren Kindern am Rand eines
Bergdorfes. Sie sind die Abseitigen, die Armen, die Bagage. Es ist die
Zeit des ersten Weltkriegs und Josef wird zur Armee eingezogen. Die
Zeit, in der Maria und die Kinder allein zurückbleiben und abhängig
werden vom Schutz des Bürgermeisters. Die Zeit, in der Georg aus
Hannover in die Gegend kommt, der nicht nur hochdeutsch spricht und
wunderschön ist, sondern eines Tages auch an die Tür der Bagage klopft.
Und es ist die Zeit, in der Maria schwanger wird mit Grete, dem Kind der
Familie, mit dem Josef nie ein Wort sprechen wird: der Mutter der
Autorin.
Autoreninfo:
Monika Helfer, geboren 1947 in Au/Bregenzerwald, lebt als
Schriftstellerin mit ihrer Familie in Vorarlberg. Sie hat Romane,
Erzählungen und Kinderbücher veröffentlicht, darunter: Kleine Fürstin
(1995), Wenn der Bräutigam kommt (1998), Bestien im Frühling (Deuticke,
1999), Mein Mörder (1999) und zuletzt bei Deuticke Bevor ich schlafen
kann (2010), Oskar und Lilli (2011) und Die Bar im Freien (2012). Im
Hanser Kinderbuch veröffentlichte sie gemeinsam mit Michael Köhlmeier
2010 Rosie und der Urgroßvater. Für ihre Arbeiten wurde sie unter
anderem mit dem Robert-Musil-Stipendium und dem Österreichischen
Würdigungspreis für Literatur ausgezeichnet. Mit ihrem letzten Roman
Schau mich an, wenn ich mit dir rede (2017) war sie für den Deutschen
Buchpreis nominiert.
Meine Meinung:
Titel: Die Familie vom Ende der Straße...
Ehrlich
gesagt hat mich der sonderbare Titel auf das Buch aufmerksam gemacht,
denn von der Autorin hatte ich bisher noch nichts gelesen.
In
der Geschichte geht es um Maria und Josef, die in den Bergen weit ab
vom Schuss leben. Im Haus haben sie weder Strom noch Wasser und dennoch
klappt es ganz gut mit den Kindern und allem. Doch dann muss der Vater
in den Krieg ziehen, was das Leben der Familie enorm ändert. Wird er den
Krieg überleben? Wird sich etwas verändern?
Das
Besondere an dem Buch ist, dass die Autorin als Ich- Erzählerin agiert
und uns an ihrer Familiengeschichte teilhaben lässt, in der sie noch
nicht lebte und ihre Mutter teils ebenfalls noch nicht auf der Welt war.
So etwas hatte ich bis dato noch nicht in den Händen und man bekam beim
Lesen direkt Lust selbst Nachforschungen bezüglich der eigenen Familie
anzustellen.
Für
meinen Geschmack zeichnet die Autorin die Zeit des ersten Weltkrieges
sehr authentisch und es liest sich so als würde man der Freundin der
eigenen Großmutter lauschen.
Ich
mochte vor allem wie sehr die Familie auch in Krisenzeiten zusammenhält
und sich für den anderen einsetzt. Vor allem sind gerade die Kinder
ohne den Vater über sich hinausgewachsen.
Etwas
traurig gemacht hat mich, dass der Tratsch dazu geführt hat, dass Josef
seiner Frau misstraut, obwohl er es eigentlich besser hätte wissen
müssen. Da sorgte wohl eher der Neid der Bewohner dafür, dass man Maria
etwas angedichtet hat, was nie stattgefunden hat und zum tiefen Schnitt
in der Familie führte. Ich kann mir nur schwer vorstellen wie sehr es
schmerzen muss, wenn der eigene Vater einen komplett ignoriert.
Ich habe mich beim Lesen sehr wohl gefühlt und hätte die Mitglieder der Bagage gern selbst kennengelernt.
Fazit:
Berührende Familiengeschichte, die mich nicht kalt gelassen hat und die
ich gern empfehle. Die ideale Lektüre für Zwischendurch.
Bewertung: 4/ 5 Sternen
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Nr. 3: "Milchmann" von Anna Burns
Gebundene Ausgabe: 452 Seiten
Verlag: Tropen; Auflage: 1. (22. Februar 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3608504680
ISBN-13: 978-3608504682
Inhaltsangabe:
Eine junge Frau zieht ungewollt die Aufmerksamkeit eines mächtigen und
erschreckend älteren Mannes auf sich, Milchmann. Es ist das Letzte, was
sie will. Hier, in dieser namenlosen Stadt, erweckt man besser niemandes
Interesse. Und so versucht sie, alle in ihrem Umfeld über ihre
Begegnungen mit dem Mann im Unklaren zu lassen. Doch Milchmann ist
hartnäckig. Und als der Mann ihrer älteren Schwester herausfindet, in
welcher Klemme sie steckt, fangen die Leute an zu reden. Plötzlich gilt
sie als "interessant" – etwas, das sie immer vermeiden wollte. Hier ist
es gefährlich, interessant zu sein. Doch was kann sie noch tun,
nun, da das Gerücht einmal in der Welt ist?
Autoreninfo:
Anna Burns, geboren in Belfast, Nordirland, ist Autorin mehrerer Romane.
2018 erhielt sie für "Milchmann" den Man Booker Prize. Das Buch wurde
zu einer internationalen Sensation und mit zahlreichen weiteren Preisen
ausgezeichnet, u. a. dem Orwell Prize und dem National Book Critics
Circle Award. "Milchmann" erscheint in 23 Ländern. Es ist der erste
Roman von Anna Burns, der auf Deutsch veröffentlicht wird. Anna Burns
lebt in East Sussex, England.
Meine Meinung:
Titel:Die große Qual...
Eigentlich
hatte ich bereits vorher die Vermutung, dass ich Schwierigkeiten mit
diesem Buch haben würde, aber trotzdem war ich aufgrund des Hypes
neugierig und begann mit der Lektüre.
In
der Geschichte geht es um Mittelschwester und ihre Familie, die mitten
im Nordirlandkonflikt leben. Sie müssen stets auf der Hut sein, um nicht
für Denunzianten gehalten zu werden. Zudem leben sie unter strengen
Regeln der Kirche. Doch dann gerät Mittelschwester ins Visier des
Milchmannes und nichts ist mehr wie es war. Wie kann sie sich davon nur
befreien?
Zunächst
einmal fand ich die Erzählweise und das Nicht-Nennen-von-Namen recht
interessant, aber nach den ersten hundert Seiten wurde ich dem Ganzen
immer mehr überdrüssig. Ich verlor immer mehr den Überblick über die
Figuren, die sehr zahlreich sind.
Mittelschwester
fungiert hier als Ich- Erzählerin und lässt uns in wirren, wild
durcheinander gewürfelten Szenen an ihrem Leben teilhaben. Dies macht
das Lesen immens anstrengend, da sich kein roter Faden durch die
Handlung zieht. Man springt mit ihren Gedanken, kann mal mehr, mal
weniger folgen. Normalerweise kann ich mich bei einem Ich- Erzähler
immer schnell in die Person einfühlen, hier gelang mir dies jedoch gar
nicht. Ich habe absolut keine Ahnung wer sie ist und was sie wirklich
ausmacht. Auf 450 Seiten blieb sie mir einfach fremd.
Genauso
erging es mir auch mit den anderen agierenden Personen. Ich werde sie
sehr schnell wieder vergessen haben und ihren Sinn in der Geschichte
wohl nie nachvollziehen können.
Zum
Glück hatte ich mich vor der Lektüre etwas informiert, so dass ich
wusste wo das Ganze spielt, denn sonst würde man die Handlung eher im
nahen Osten oder ähnliches verorten.
Was
der Autorin sehr gut gelungen ist: Drama und Angst zu kommunizieren.
Der ganze Roman ist eine einzige Aneinanderreihung von Gewalt,
Unterdrückung und Verachtung gegenüber den Menschen, insbesondere
Frauen. Sie zeigt sehr deutlich was Tratsch und Klischees für
Konsequenzen in einer Gesellschaft haben kann, die nicht offen ist für
Andersdenkende ist.
Der
Roman zieht einen emotional runter, was zum einen an der Härte der
Situation liegt, in der Mittelschwesters Familie zurechtkommen muss.
Andererseits zweifelte ich als Leser ein ums andere Mal an meinem
Verstand, weil sich mir einfach nicht alles erschloss, was dargestellt
wurde.
Richtig
nervig fand ich zudem, dass sich unheimlich viel wiederholt. Gefühlt
wäre der Roman nur halb so dick, wenn alle Wiederholungen ausgelassen
werden würden.
Fazit:
Etwas überfordert bleibe ich nach der Lektüre mit der Frage zurück: Was
sollte das Ganze? Wer sich gern quält, der wird diesem Buch etwas
abgewinnen können. Allen anderen rate ich davon ab. Nutzt eure Lesezeit
sinn- und freudvoller!
Bewertung: 2/ 5 Sternen
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Nr. 2: "Marianengraben" von Jasmin Schreiber
Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Verlag: Eichborn; Auflage: 2. Aufl. 2020 (28. Februar 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3847900420
ISBN-13: 978-3847900429
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
Inhaltsangabe:
Paula braucht nicht viel zum Leben: ihre Wohnung, ein bisschen Geld für
Essen und ihren kleinen Bruder Tim, den sie mehr liebt als alles auf der
Welt. Doch dann geschieht ein schrecklicher Unfall, der sie in eine
tiefe Depression stürzt. Erst die Begegnung mit Helmut, einem
schrulligen alten Herrn, erweckt wieder Lebenswillen in ihr. Und
schließlich begibt Paula sich zusammen mit Helmut auf eine
abenteuerliche Reise, die sie beide zu sich selbst zurückbringt - auf
die eine oder andere Weise.
Autoreninfo:
Jasmin Schreiber, geboren 1988, ist studierte Biologin und arbeitet als
Kommunikationsexpertin und Autorin. 2018 gewann sie den Digital Female
Leader Award und wurde als Bloggerin des Jahres ausgezeichnet. Sie
arbeitet ehrenamtlich als Sterbebegleiterin und
Sternenkinder-Fotografin. Das Internet macht sie auf Twitter unter
@LaVieVagabonde unsicher. Jasmin Schreiber lebt in Frankfurt am Main.
Meine Meinung:
Titel: Wenn dich ein Roman wie ein Bus überfährt...
Eher
zufällig bin ich über dieses Buch gestolpert und ich bin froh, dass es
diesen Zufall gab, denn ich bin regelrecht überwältigt.
In
der Geschichte geht es um Paula, die ihren Bruder Tim verloren hat und
damit so gar nicht umgehen kann. Sie steckt tief in ihrer Depression
fest und ein Ausweg scheint nicht in Sicht. Doch dann trifft sie
zufällig auf Helmut und vielleicht ist da doch noch etwas Hoffnung...
Die
Hauptakteurin Paula fungiert als Ich- Erzählerin, weshalb man ihre
Gedanken und Gefühle sehr intensiv zu spüren bekommt, was ich sehr
mochte. Paula ist eine Figur mit Ecken und Kanten, was sie sehr real
erscheinen lässt. Ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen, da
ich vor einigen Jahren ebenfalls einen Verlust durchstehen musste und
dadurch auch abgerutscht bin. Ihr vieles Weinen empfand ich als
tröstlich, denn oft kann man das in den schweren Phasen ja gar nicht.
Die Darstellung der Depressionssymptome spiegelten genau das wieder was
ich durchlebt habe und es hat mich sehr aufgemuntert und beruhigt, dass
man nicht die Einzige ist, der es so geht.
Helmut
als schrulliger alter Herr hat mich ein ums andere Mal schmunzeln
lassen. Trotz seiner grimmigen Art muss man ihn einfach gern haben, denn
letztendlich steckt auch in ihm ein weicher Kern.
Richtig
magisch fand ich, dass die beiden Hauptfiguren so viel gemeinsam haben
und sich deswegen dann so gut verstehen und sich aus diesem Grund
gegenseitig Halt geben können.
Als tierlieber Mensch konnten mich natürlich auch Judy und Lutz direkt für sich einnehmen.
Der Road- Trip ist amüsant und spannend dargestellt. Auch hier geht eben nicht alles immer glatt.
Ich
mochte, dass die Kapitelüberschriften die Entfernung vom Marianengraben
sind, denn erst steckt Paula richtig tief drin und kommt nur langsam
aus dem Schlamassel raus.
Die
Schreibe der Autorin hat sich so angenehm lesen lassen, dass ich den
Roman regelrecht inhaliert habe. Ehrlich gesagt hätte ich noch ewig
weiterlesen können.
Das Ende war dann eine kleine Überraschung und hat mich sehr glücklich zurückgelassen.
Fazit:
Selten habe ich so ein perfektes Buch gelesen, dessen Lektüre mich so
begeistert und mitgenommen hat. Für mich ein Lesehighlight 2020. Must-
Read!
Bewertung: 5/ 5 Sternen
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Nr. 1: "Das Haus der Frauen" von Laetitia Colombani
Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
Verlag: S. FISCHER; Auflage: 2. (26. Februar 2020)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3103900031
ISBN-13: 978-3103900033
Originaltitel: Les Victorieuses
Inhaltsangabe:
In Paris steht ein Haus, das allen Frauen dieser Welt Zuflucht bietet.
Auch der erfolgreichen Anwältin Solène, die nach einem Zusammenbruch ihr
Leben in Frage stellt. Im "Haus der Frauen" schreibt sie nun im Auftrag
der Bewohnerinnen Briefe - an die Ausländerbehörde, den
zurückgelassenen Sohn in Guinea, den Geliebten - und erfährt das Glück
des Zusammenhalts und die Magie dieses Hauses. Weil Solène anderen
hilft, hat ihr Leben wieder einen Sinn. Doch wer war die Frau, die vor
hundert Jahren allen Widerständen zum Trotz diesen Schutzort schuf?
Solène beschließt, die Geschichte der Begründerin Blanche Peyron
aufzuschreiben.
Autoreninfo:
Laetitia Colombani wurde 1976 in Bordeaux geboren, sie ist
Filmschauspielerin und Regisseurin. Ihr erster Roman "Der Zopf" stand
wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und wird verfilmt. Für ihren
zweiten Roman "Das Haus der Frauen" recherchierte Colombani im "Palais
de la Femme" in Paris, einem Wohnheim für Frauen in Not. Sie sprach mit
Mitarbeiterinnen und Bewohnerinnen und wurde eine von ihnen. "Das Haus
der Frauen" ist der erste Roman über Blanche Peyron, die 1926 unter
widrigsten Umständen eines der ersten Frauenhäuser begründete. Laetitia
Colombani lebt in Paris.
Meine Meinung:
Titel: Das Schicksal ist nicht immer besiegelt...
Gleich vorweg: Der Roman ist anders als "Der Zopf", aber keineswegs schlechter. Mich wird die Autorin als Fan behalten.
In der Geschichte geht es um Solène,
die nach einem schweren Schicksalsschlag im Haus der Frauen landet. Sie
ist dort kein Gast, sondern versucht die Frauen dort zu unterstützen.
Wird sie es schaffen ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen und
anderen zu helfen? Oder wird sie in dem dunklen Strudel versinken, in
dem sie derzeit gefangen ist?
Auch
in diesem Roman überzeugt die Autorin durch ihren Stil. Sie verwendet
keine schnörkelige Sprache oder ist übermäßig bildhaft und dennoch traf
sie mich mitten ins Herz.
Die
Handlung weist zwei Handlungsstränge auf, die uns von einem
beobachtenden Erzähler nahe gebracht werden. Zum einen befinden wir uns
bei Solène im heutigen Paris, zum anderen bei Blanche in den 20er Jahren.
Solène
als Protagonistin hat mir gut gefallen, denn trotz aller Privilegien,
die ihr das Leben bietet, ist sie nicht glücklich, versucht aber daran
etwas zu ändern. Es wird deutlich, dass jedem das Schicksal übel
mitspielen kann und dass man nur durch eigene Kraft sein Leben zum
Positiven verändern kann. Ich konnte mich sehr gut in unsere
Hauptakteurin hineinversetzen. Auch wenn ein Erzähler uns ihr Leben nahe
bringt, spürt man ihre Emotionen sehr intensiv.
Für
Blanche gilt meine uneingeschränkte Bewunderung, da ihre Aufopferung
einem Engel in der Not gleich kommt. Man kann sich nur wünschen, dass es
mehr Menschen wie sie gibt, die sich um andere in Not kümmern.
Das
Buch liefert jede Menge Hoffnung, denn an jedem Ende eines Tunnels
scheint auch wieder Licht. Es zeigt auf, dass man Mut haben und sich den
Widrigkeiten stellen muss. Die Geschichte Solènes stärkt mich darin meinen Weg zu gehen.
Fazit:
Ich habe die Lektüre sehr genossen und kann nur einen uneingeschränkte
Leseempfehlung aussprechen. Ein Roman, der zu Herzen geht und berührt,
weshalb ihr ihn unbedingt lesen solltet. Spitzenklasse!
Bewertung: 5/ 5 Sternen